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Mandanteninformationen für Steuerpflichtige im Privatbereich August 2018


Liebe Mandantin, lieber Mandant,


auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen


Stephan Gißewski, Steuerberater


Inhalt

1.

Sachgrundlose Befristung: Bundesverfassungsgericht kippt Praxis des Bundesarbeitsgerichts zum Verbot der Vorbeschäftigung

2.

Anschaffungsnahe Herstellungskosten nicht sofort als Werbungskosten abzugsfähig

3.

Kann an dem 10-Tageszeitraum bei § 11 EStG festgehalten werden?

4.

Darf eine Spende an eine Kirche im EU-Ausland steuerlich abgezogen werden?

5.

Verbilligte Vermietung: So wird die ortsübliche Marktmiete bei möblierten Wohnungen ermittelt

6.

Kürzung des Vorwegabzugs auch bei Renteneinkünften?

7.

Abzugssteuerpflichtige Bauleistungen: Warum auch das Aufstellen einer Aufdach-Fotovoltaikanlage dazu gehört

8.

Vermietung und Verpachtung: Darlehenszinsen als Werbungskosten

9.

Öffentliche Mischwasserleitung: Keine Steuerbegünstigung für Handwerkerleistungen

10.

Nachzahlungszinsen: Vorläufiger Rechtschutz

11.

Gemischt genutzt Arbeitszimmer: Einsprüche per Allgemeinverfügung zurückgewiesen

12.

Zeitliche Zäsur nach Erstausbildung: Kindergeldanspruch kann wegfallen

13.

Wann ein Sondereigentümer die Sanierung der Dachterrasse zahlen muss

14.

Betriebskostenabrechnung: Es zählt die tatsächliche Wohnfläche

15.

Dienstkleidung vorgeschrieben? Dann muss Umkleidezeit bezahlt werden

16.

Verzögerte Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums: Wohnungseigentümer kann Schadensersatz verlangen



1. Sachgrundlose Befristung: Bundesverfassungsgericht kippt Praxis des Bundesarbeitsgerichts zum Verbot der Vorbeschäftigung

Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter ohne Sachgrund nicht mehrfach befristet beschäftigen. Das Bundesverfassungsgericht hält diese Regelung für verfassungsgemäß. Damit erteilt es der gängigen Praxis des Bundesarbeitsgerichts eine deutliche Absage.

Hintergrund

Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lagen eine Verfassungsbeschwerde eines Arbeitnehmers sowie ein Vorlagebeschluss eines Arbeitsgerichts auf die Entfristung eines Arbeitsvertrags zugrunde. Die Beschäftigten machten gegenüber dem jeweiligen Arbeitgeber geltend, dass die zuletzt vereinbarte sachgrundlose Befristung ihres Arbeitsverhältnisses unwirksam war. Sie verstieß gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeitbefristungsgesetz, weil sie bereits zuvor bei demselben Arbeitgeber beschäftigt waren.

Das Arbeitsgericht stellte in dem Vorlageverfahren die Frage, ob diese Regelung mit den Grundrechten vereinbar ist, denn damit könnte eine sachgrundlose Befristung auf die erstmalige Beschäftigung beim jeweiligen Vertragsarbeitgeber beschränkt sein.

Im anderen Verfahren wehrte sich der Arbeitnehmer dagegen, erneut befristet beschäftigt zu werden. Nachdem die jeweils zuständigen Arbeitsgerichte jedoch der bislang aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgten, waren seine Klagen erfolglos. Mit der Verfassungsbeschwerde wandte er sich gegen die ablehnenden Urteile, da die Auslegung der gesetzlichen Regelung durch das Bundesarbeitsgericht seine Grundrechte verletzten.

Entscheidung

Diesen Argumenten folgte das Bundesverfassungsgericht. Der Erste Senat erteilte damit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Absage.

Seit 2011 las das Bundesarbeitsgericht in den Gesetzeswortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeitbefristungsgesetz eine Art Sperrfrist von 3 Jahren hinein. Eine Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers bei demselben Arbeitgeber stand also einer sachgrundlosen Befristung nicht entgegen, wenn das vorherige Arbeitsverhältnis länger als 3 Jahre zurücklag.

Für das Bundesverfassungsgericht ist diese Auslegung des Bundesarbeitsgerichts jedoch nicht mehr vom Willen des Gesetzgebers gedeckt. Die richterliche Rechtsfortbildung durfte diesen klar erkennbaren Willen nicht übergehen und durch ein eigenes Regelungsmodell ersetzen. Im Fall des Verbots der Vorbeschäftigung hatte sich der Gesetzgeber klar erkennbar gegen eine Frist entschieden.

Die Fachgerichte müssen bei der Auslegung der Gesetze die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren. Dazu müssen auch die Gesetzesmaterialien in Betracht gezogen werden. Im konkreten Fall bedeutete das: Eine sachgrundlose Befristung zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien sollte grundsätzlich nur einmal und nur bei der erstmaligen Einstellung zulässig sein. Das gesetzliche Regelungskonzept war damit klar erkennbar. Dieses durfte von den Arbeitsgerichten und vom Bundesarbeitsgericht nicht übergangen und durch ein eigenes Konzept ersetzt werden.

Prinzipiell ist die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeitbefristungsgesetz mit der Verfassung vereinbar. Weder die Berufsfreiheit der Beschäftigten noch die berufliche und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Arbeitgeber wird durch die Norm verletzt.

Das Bundesverfassungsgericht nannte aber auch Ausnahmen vom Verbot der Vorbeschäftigung, wenn etwa eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Konkret könnten das bestimmte geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit oder der Familienzeit, die Tätigkeit von Werkstudierenden oder die lange zurückliegende Beschäftigung von Menschen, die sich später beruflich völlig neu orientieren, sein.

Im Ergebnis darf damit der per Verfassungsbeschwerde klagende Arbeitnehmer auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hoffen. Das abweisende Urteil hat das Bundesverfassungsgericht aufgehoben und den Fall zur erneuten Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

2. Anschaffungsnahe Herstellungskosten nicht sofort als Werbungskosten abzugsfähig

Für die Einordnung von Aufwendungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten spielt es keine Rolle, ob diese für den Steuerpflichtigen unvorhersehbar waren, sie im Rahmen eines Mieterwechsels angefallen sind oder die zugrunde liegenden Maßnahmen ein übliches Vorgehen im Rahmen der Neuvermietung darstellen.

Hintergrund

Die Kläger waren Eigentümer einer vermieteten Eigentumswohnung, die sie im Jahr 2012 zu einem Kaufpreis von 60.000 EUR erworben hatten. Die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten betrugen 40.316 EUR. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 machten die Kläger sofort abzugsfähige Instandhaltungsaufwendungen in Höhe von insgesamt 12.405 EUR geltend, und zwar u. a. für die Erneuerung des Badezimmers und der Elektroinstallation sowie den Einbau von 2 Kunststofffenstern und einer Zimmertür.

Das Finanzamt berücksichtigte lediglich einen Erhaltungsaufwand in Höhe von 427 EUR und ordnete den verbleibenden Betrag in Höhe von 11.978 EUR den anschaffungsnahen Herstellungskosten zu.

Die Kläger argumentierten, dass durch den plötzlichen Tod der langjährigen Mieterin Investitionen erforderlich wurden, um eine Neuvermietung zu ermöglichen. Diese stellten eine erhebliche finanzielle Härte dar, sodass der vorliegende Fall vom Regelfall zur Anwendung der Bundesfinanzhof-Rechtsprechung zu anschaffungsnahen Herstellungskosten erheblich abweicht.

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Zwar ist der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gesetzlich nicht definiert, sodass er einer Auslegung bedarf. Hierunter fallen bauliche Maßnahmen, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Zu diesen Aufwendungen gehörten insbesondere Aufwendungen für die Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung.

Nach Auffassung des Finanzgerichts spielte keine Rolle, ob die angefallenen Aufwendungen für die Steuerpflichtigen vorhersehbar waren, ob die zugrunde liegenden Maßnahmen ganz oder teilweise ein übliches Vorgehen im Rahmen der Neuvermietung darstellten oder ob diese im Zuge eines Mieterwechsels anfielen. Auf derartige Unterscheidungen kam es gerade nicht an. Diese würden dem vom Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgten Zweck, aus Gründen der Rechtsvereinfachung und Rechtssicherheit eine typisierende Regelung zu schaffen, zuwiderlaufen.

3. Kann an dem 10-Tageszeitraum bei § 11 EStG festgehalten werden?

Als "kurze Zeit" im Sinne des § 11 EStG gilt normalerweise ein Zeitraum von 10 Tagen. Das Finanzgericht München ist jetzt allerdings der Meinung, dass auch 12 Tage noch "kurz" sind. Und was sagt der Bundesfinanzhof?

Hintergrund

Der Kläger hatte die Umsatzsteuervoranmeldung für den Dezember 2014 durch Banküberweisung vom 4.1.2015 beglichen. Da der 10.1. ein Samstag war und sich die gesetzliche Fälligkeit der Umsatzsteuervoranmeldung auf den nächstfolgenden Werktag verschob, trat die Fälligkeit erst am 12.1.2015 ein. Da der gesetzliche Fälligkeitstag somit außerhalb des 10-Tageszeitraums lag, lehnte das Finanzamt den Abzug des Zahlungsbetrags bei der Einnahmen-Überschussrechnung 2014 als Betriebsausgabe ab.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Kläger recht und rechnete die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2014 dem Wirtschaftsjahr 2014 zu. Das Gericht hielt die Auslegung des Rechtsbegriffs der "kurzen Zeit" für modifizierungsbedürftig. Auch wenn der 10-Tageszeitraum auf eine lange Tradition zurückblicken kann, war dieser willkürlich gewählt. Deshalb müsste der Zeitraum auf mindestens 12 Tage erweitert werden.

4. Darf eine Spende an eine Kirche im EU-Ausland steuerlich abgezogen werden?

Ja, meint der Bundesfinanzhof. Denn das Ansehen Deutschlands kann gefördert werden, wenn im Kernbereich der religiösen Tätigkeit einer ausländischen Kirche ein gemeinnütziges Engagement erkennbar wird, das Deutschland mittelbar zuzurechnen ist.

Hintergrund

Die Klägerin A beantragte für das Jahr 2010 den Sonderausgabenabzug für ihre Zuwendungen an eine griechisch-katholische Pfarrgemeinde in Rumänien. Die Gemeinde war eine "rumänische juristische Person mit religiösem Charakter", die wohltätige und kulturelle Zwecke verfolgte. Mit den Zuwendungen der A wurde eine Kirche errichtet und in 2010 fertiggestellt. Der Name der A wurde in den Altar eingraviert. Darüber hinaus wurde sie bei jeder in der Kirche abgehaltenen Messe in den Fürbitten namentlich erwähnt, zur Weihe der Kirche eingeladen. Über die Weihe erschien in der örtlichen Presse ein Artikel, in dem das Engagement der A als Spenderin aus Deutschland namentlich aufgeführt wurde.

Das Finanzamt verneinte den Inlandsbezug, da dieser nur bei einer nachhaltigen Verbesserung des Rufs Deutschlands in der Welt bejaht werden konnte, und lehnte die Berücksichtigung der Spende als Sonderausgaben ab.

Das Finanzgericht vertrat eine großzügigere Auffassung und gab der Klage statt.

Entscheidung

Auch der Bundesfinanzhof bejaht den Inlandsbezug. Nach der gesetzlichen Regelung muss die Tätigkeit einer Körperschaft auch zum Ansehen Deutschlands beitragen können. Es bedarf keiner spürbaren oder messbaren Auswirkung auf das Ansehen Deutschlands. Die Gravur des Namens der A am Fuße des Altars, ihre Nennung in den Fürbitten, ihre Einladung zur Weihe und Erwähnung in der Presse sowie unabhängig davon auch allein der Umstand, dass den Gottesdienstbesuchern die Ansässigkeit der Spenderin in Deutschland bekannt war, reichten dafür aus, dass die gemeinnützige Tätigkeit der rumänischen Kirchengemeinde auch zum Ansehen Deutschlands beitragen kann.

Darüber hinaus soll die personelle, finanzielle oder anderweitige Beteiligung inländischer Forschungseinrichtungen an internationalen Aktivitäten gefördert werden. Da demnach bereits die finanzielle Beteiligung einer inländischen Forschungseinrichtung an internationalen Aktivitäten für den Inlandsbezug ausreicht, war es naheliegend, dass dies auch für die finanzielle Unterstützung einer ausländischen gemeinnützigen Einrichtung durch eine inländische Privatperson galt. Wenn ein inländischer Zuwendungsempfänger ausländische Körperschaften in ihren gemeinnützigen Zwecken unterstützen kann, muss das auch für eine Spende, die der ausländischen Einrichtung direkt von einem Spender zugewendet wird, gelten.

5. Verbilligte Vermietung: So wird die ortsübliche Marktmiete bei möblierten Wohnungen ermittelt

Wird eine möblierte Wohnung verbilligt vermietet, bestimmt sich bei der Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete der Zuschlag für die Möblierung nach einem ortsüblichen Mietspiegel oder nach am Markt realisierbaren Zuschlägen.

Hintergrund

Die Kläger vermieteten ihrem Sohn eine Eigentumswohnung, die mit Einbauküche, Waschmaschine und Trockner ausgestattet war. Ihre Ausgaben machten sie für 2006 bis 2010 in voller Höhe als Werbungskosten geltend. Die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelten sie anhand des Mietspiegels. Den Wert der Einrichtung berücksichtigten sie dabei über ein Punktesystem für "sonstige Einflüsse" entsprechend dem Mietspiegel. Dadurch betrug die vereinbarte Miete mehr als 75 % der Vergleichsmiete.

Das Finanzamt ging jedoch davon aus, dass die Vergleichsmiete unter Ansatz eines Möblierungszuschlags höher anzusetzen war. Es errechnete eine Entgeltlichkeitsquote von nur 67 %, sodass die 75-%-Grenze unterschritten wurde und die Werbungskosten nur anteilig abziehbar waren.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht jedoch dieser Betrachtung und urteilte zugunsten der Kläger. Maßstab für die Berechnung der Entgeltlichkeitsquote war die ortsübliche Marktmiete, d. h. die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der umlagefähigen Kosten. Bei der Überlassung möblierter oder teilmöblierter Wohnungen war für den Gebrauchsmehrwert ein Möblierungszuschlag anzusetzen: Soweit der Mietspiegel für überlassene Einrichtungsgegenstände einen prozentualen Zuschlag oder eine Erhöhung des Ausstattungsfaktors über das Punktesystem vorsah, war diese Erhöhung als marktüblich anzusehen. Ein darüber hinausgehender Möblierungszuschlag durfte dann nicht angesetzt werden. Ließ sich der Gebrauchswert aus dem Mietspiegel nicht entnehmen, war ein am Markt realisierbarer Möblierungszuschlag zu berücksichtigen. Der Wert war erforderlichenfalls durch einen Sachverständigen festzustellen. War ein marktüblicher Gebrauchswert nicht zu ermitteln, kam ein Möblierungszuschlag nicht in Betracht. Insbesondere konnte der Zuschlag nicht aus der Absetzung für Abnutzung für überlassene Möbel oder einem Mietrenditeaufschlag abgeleitet werden.

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs hätte das Finanzgericht konkret feststellen müssen, ob die Aufzählung der gebäudebezogenen Ausstattungsmerkmale im Mietspiegel abschließend war oder ob die Überlassung einer Einbauküche ebenfalls zu den zu berücksichtigenden, aber nicht explizit aufgelisteten Ausstattungsmerkmalen gehörte. Die Sache wurde deshalb an das Finanzgericht zurückverwiesen.

6. Kürzung des Vorwegabzugs auch bei Renteneinkünften?

Bezieht ein Steuerpflichtiger neben einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch Einkünfte aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, darf der Vorwegabzug gekürzt werden.

Hintergrund

Der Kläger bezog im Jahr 2015 neben einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch Einkünfte aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Höhe von 22.085 EUR. Das Finanzamt kürzte den Vorwegabzug in Höhe von 3.000 EUR um 16 % von 22.085 EUR, also 3.533 EUR, und setzte ihn mit 0 EUR an.

Mit der Klage machte der Kläger geltend, dass der Vorwegabzug nicht gekürzt werden durfte, da er auch ohne die nichtselbstständige Arbeit gesetzlich krankenversichert gewesen wäre. Er hätte daher durch die steuerfreien Arbeitgeberanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung keinerlei Vorteile erlangt.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass die Kürzung des Vorwegabzugs auf Null rechtmäßig war. Nach den sozialrechtlichen Vorschriften war der Kläger im Zeitraum Januar bis Juni 2015 als Bezieher einer Altersrente Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse und Pflegeversicherung. Im Zeitraum Juli bis Dezember 2015 war er dagegen als Arbeitnehmer gesetzlich kranken- und pflegeversicherungspflichtig. Er hatte in diesen Monaten dem Grunde nach Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung als Arbeitnehmer. Seine Ansprüche aufgrund des Bezugs der Altersrente waren nach den Vorschriften des Sozialversicherungsrechts für diesen Zeitraum weggefallen. Damit erwarb der Kläger Ansprüche, die auf einer Arbeitnehmertätigkeit beruhen. Dies führte zur Kürzung des Vorwegabzugs.

7. Abzugssteuerpflichtige Bauleistungen: Warum auch das Aufstellen einer Aufdach-Fotovoltaikanlage dazu gehört

Gehört das Aufstellen einer Aufdach-Fotovoltaikanlage zu den Bauleistungen, für die der Leistungsempfänger die Bauabzugssteuer abführen muss? Das Finanzgericht Düsseldorf meint ja. Das letzte Wort hat der Bundesfinanzhof.

Hintergrund

Die Klägerin war im Bereich der Energie- und Haustechnik tätig und bot die Lieferung und Montage von Aufdach-Fotovoltaikanlagen an. Eine externe Firma, die die Dachmontage der Anlagen vornahm, verfügte jedoch nicht über eine gültige Freistellungsbescheinigung. Für die an diese Firma gezahlten Vergütungen meldete die Klägerin keine Bauabzugssteuer an. Zwar wurde die Anmeldung nachgeholt, die Klägerin war jedoch der Ansicht, dass die Installation von Aufdach-Anlagen keine abzugspflichtige Bauleistung darstellte. Denn diese Anlagen standen mit dem eigentlichen Bauwerk nicht in Zusammenhang, sondern waren wie Betriebsvorrichtungen anzusehen.

Entscheidung

Das Finanzgericht wertete die ausgelagerten Montagearbeiten als Bauleistung und entschied deshalb, dass die Klägerin zum Einbehalt der Bauabzugssteuer verpflichtet war. Zu den Bauleistungen zählen alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken oder deren bestimmungsmäßiger Nutzung dienen. Von der gesetzlichen Regelung werden sämtliche Tätigkeiten "am Bau" erfasst. Der Begriff des Bauwerks umfasst damit nicht nur Gebäude, sondern auch sämtliche Anlagen, die aus Baustoffen oder Bauteilen hergestellt sind. Das Finanzgericht verwies darauf, dass Betriebsvorrichtungen sehr wohl Bauwerke sein können.

8. Vermietung und Verpachtung: Darlehenszinsen als Werbungskosten

Wer ein Gebäude mit mehreren Wohnungen plant, während der Bauphase aber bereits eine Wohnung verkauft, muss damit rechnen, dass die für die Anschaffungs- und Herstellungskosten dieses Gebäudes entrichteten Darlehenszinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar sind.

Hintergrund

Die Steuerpflichtigen errichteten auf einem Grundstück ein Gebäude mit 3 Wohnungen. Mit Vertrag vom 24.11.2010 teilten sie das Wohnhausgrundstück mit Teilungserklärung in 3 Wohnungen auf und veräußerten zeitgleich eine Wohnung an ihre Tochter. Zur Finanzierung des Bauvorhabens nahmen die Steuerpflichtigen bei einer Bank ein Darlehen über 160.000 EUR auf und beglichen über dieses Baukonto sämtliche Rechnungen rund um das Bauvorhaben. Eine Aufteilung der Kosten oder eine Zurechnung auf die einzelnen Wohnungen nahmen die Steuerpflichtigen nicht vor.

In ihrer Steuererklärung rechneten sie die aufgenommenen Darlehen insgesamt den beiden vermieteten Wohnungen zu und machten die Zinsaufwendungen in voller Höhe geltend. Das Finanzamt teilte dagegen die abzugsfähigen Schuldzinsen entsprechend der Miteigentumsanteile aller 3 in dem Gebäude vorhandenen Wohnungen auf.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Finanzamt recht und wies die Klage der Steuerpflichtigen ab. Dient ein Gebäude nicht nur dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern wird eine von mehreren Wohnungen während der Bauphase veräußert, sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie die für einen Kredit entrichteten Darlehenszinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar. Ein Abzug in voller Höhe kommt nur dann in Betracht, wenn die Darlehenszinsen steuerlich einem bestimmten Gebäudeteil zugeordnet werden können, der der Einkünfteerzielung dient.

9. Öffentliche Mischwasserleitung: Keine Steuerbegünstigung für Handwerkerleistungen

Wird eine öffentliche Mischwasserleitung neu verlegt, fehlt ein räumlich-funktionaler Zusammenhang mit dem Haushalt des Steuerpflichtigen. Der ist jedoch Voraussetzung für eine steuerbegünstigte Handwerkerleistung.

Hintergrund

Die Kläger sind Eigentümer eines von ihnen bewohnten Einfamilienhauses. Im Jahr 2011 schloss der Abwasserzweckverband das Grundstück an die öffentliche Kläranlage an. Von den Klägern verlangte er einen als Baukostenzuschuss bezeichneten Betrag in Höhe von rund 4.000 EUR für die Herstellung der Mischwasserleitung.

Die Kläger machten für diesen Betrag die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen geltend, was das Finanzamt jedoch ablehnte.

Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. Denn auch dem Haushalt dienende Leistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf öffentlichem Grund erbracht werden, können begünstigt sein.

Entscheidung

Diesem Urteil widersprach der Bundesfinanzhof und wies die Klage ab.

Die Handwerkerleistung muss "in" einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Den Begriff "im Haushalt" legt der BFH räumlich-funktional aus. Deshalb werden die Grenzen des Haushalts nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich dabei aber um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt an das öffentliche Versorgungsnetz (Trinkwasser, Abwasser) angeschlossen wird.

Hier handelte es sich jedoch um Aufwendungen für die Herstellung bzw. Veränderung der öffentlichen Abwasserentsorgungsanlage, an die das Grundstück angeschlossen wurde, d. h. das öffentliche Wasser-Verteilungs- oder Sammelnetz. Dieses zählte der Bundesfinanzhof nicht mehr zum Haushalt, da insoweit ein räumlich-funktionaler Zusammenhang der Handwerkerleistung mit dem Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers fehlte. Denn die Zahlung kommt allen Nutzern des Netzes zugute.

10. Nachzahlungszinsen: Vorläufiger Rechtsschutz

Der Bundesfinanzhof äußerte kürzlich in einem Urteil schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe von Nachzahlungszinsen. Das gilt zumindest für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015. Die Finanzverwaltung gewährt nun aufgrund dessen vorläufigen Rechtsschutz.

Hintergrund

Der Zinssatz beträgt 0,5 % für jeden vollen Kalendermonat des Zinslaufs, mithin 6 % per anno.

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs in seiner neuesten Entscheidung begegnet diese Zinshöhe durch ihre realitätsfremde Bemessung im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und das Übermaßverbot für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015 schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreitet angesichts der zu dieser Zeit bereits eingetretenen strukturellen und nachhaltigen Verfestigung des niedrigen Marktzinsniveaus den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität in erheblichem Maße.

Zur Frage, ob der gesetzliche Zinssatz für Verzinsungszeiträume nach dem 31.12.2009 bzw. 31.12.2011 verfassungsgemäß ist, liegen dem Bundesverfassungsgericht jedoch seit längerer Zeit die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen wegen der Höhe des Zinssatzes von Nachforderungszinsen zur Gewerbesteuer vor.

Verfügung

Obwohl der Bundesfinanzhof die Verfassungsmäßigkeit der Verzinsung für in das Jahr 2013 fallende Verzinsungszeiträume bestätigte, haben die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen, den Beschluss des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus in allen Fällen, in denen eine vollziehbare Zinsfestsetzung vorliegt, in der der gesetzliche Zinssatz zugrunde gelegt wird, für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2015 anzuwenden und insoweit auf Antrag des Zinsschuldners im Einspruchsverfahren Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

Für die Zeit bis zu einer abschließenden Klärung dieser Rechtsfrage durch das Bundesverfassungsgericht werden die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder darüber hinaus mit geeigneten Maßnahmen Vorsorge treffen, dass die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in möglichst allen betroffenen Fällen zur Wirkung gebracht werden kann. Gegen Zinsfestsetzungen, die insoweit nicht vorläufig ergangen sind, bedarf es im Einzelfall allerdings der Einlegung eines Einspruchs, und zwar unabhängig davon, ob die Aussetzung der Vollziehung der Zinsfestsetzung beantragt wird.

11. Gemischt genutztes Arbeitszimmer: Einsprüche per Allgemeinverfügung zurückgewiesen

Nachdem der Bundesfinanzhof klargestellt hatte, dass ein Kostenabzug für ein gemischt genutztes Arbeitszimmer nicht infrage kam, wurde die Finanzverwaltung jetzt tätig: Alle anhängigen Einsprüche werden per Allgemeinverfügung zurückgewiesen.

Hintergrund

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat eindeutig entschieden, dass die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich nicht abziehbar sind, wenn der Raum privat und beruflich/betrieblich genutzt wird. Noch nicht einmal ein anteiliger Kostenabzug kommt infrage.

Vielmehr dürfen die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers nur dann steuerlich abgezogen werden, wenn der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche und berufliche Zwecke genutzt wird. Ein anteiliger Kostenabzug ist auch für Arbeitsecken im Wohnzimmer oder beruflich genutzte Durchgangszimmer ausgeschlossen.

Nachdem die höchstrichterliche Rechtsprechung dieser Leitentscheidung in der Folgezeit in zahlreichen Entscheidungen gefolgt war und das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat, reagierten nun die obersten Finanzbehörden der Länder.

Verfügung

Mit einer Allgemeinverfügung haben die Finanzbehörden alle an diesem Tag anhängigen und zulässigen Einsprüche gegen Einkommensteuerbescheide und Feststellungen zurückgewiesen. Dies betrifft die Fälle, in denen die Einspruchsführer geltend gemacht haben, dass die Kostenaberkennung für privat mitgenutzte Arbeitszimmer einfachgesetzlich fraglich ist oder gegen das Grundgesetz verstößt.

Allgemein zurückgewiesen wurden mit der Allgemeinverfügung ferner entsprechende Anträge auf Aufhebung oder Änderung von Einkommensteuerbescheiden und Feststellungen, die außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellt worden sind.

12. Zeitliche Zäsur nach Erstausbildung: Kindergeldanspruch kann wegfallen

Ein Kind sollte nach der Beendigung einer Ausbildung die weitere Berufsausbildung am besten zum nächstmöglichen Zeitpunkt fortsetzen. Tut es dies nicht, handelt es sich bei der nachfolgenden Ausbildung um eine Zweitausbildung, für die es nur unter strengen Voraussetzungen noch Kindergeld gibt.

Hintergrund

Die Tochter T absolvierte nach ihrem Abitur eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten, die sie im Juni 2013 abschloss. Anschließend arbeitete sie in Vollzeit in Steuerberatungskanzleien. Im September 2013 meldete sie sich bei einer Fachschule für Wirtschaft an und bekam eine Zusage für das Schuljahr 2014/2015. Im August 2014 nahm sie ihre Ausbildung an der Fachschule für Wirtschaft auf mit dem Ziel, nach dem Fachschulabschluss die Fortbildungsprüfung zum Steuerfachwirt abzulegen. Das erforderliche berufspraktische Jahr konnte während der Fachschulausbildung abgeleistet werden.

Die Familienkasse lehnte die Gewährung von Kindergeld ab Juli 2013 ab. Sie war der Ansicht, dass T sich in einer Zweitausbildung befand und mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden einer schädlichen Erwerbstätigkeit nachging.

Das Finanzgericht folgte diesen Argumenten und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass T nur von September 2013 bis September 2015 die kindergeldrechtlichen Voraussetzungen erfüllte. Denn von September 2013 bis August 2014 konnte sie eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen und ab August 2014 befand sie sich mit dem Fachschulbesuch in Berufsausbildung. Davor scheiterte der Kindergeldanspruch an der Vollzeittätigkeit der T, auch befand sie sich nicht in einer viermonatigen Übergangsphase.

Trotzdem konnte für T kein Kindergeld beansprucht werden, da sie mit der Ausbildung zur Steuerfachangestellten bereits eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen hatte und danach einer schädlichen Erwerbstätigkeit nachging. Für die Frage, ob bereits der erste berufsqualifizierende Abschluss zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss Teil der Erstausbildung sein kann, kommt es darauf an, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsganges darstellt. Entscheidend ist vor allem, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zu einander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.

Im Streitfall fehlte es an diesem Zusammenhang. T hatte weder im Anschluss an die Beendigung der Ausbildung zur Steuerfachangestellten mit der Ausbildung an der Fachschule begonnen noch hat sie sich für eine bereits im Jahr 2013 beginnende Ausbildung beworben. Objektive Gründe, die einer Aufnahme der Ausbildung im August 2013 statt erst im August 2014 entgegengestanden hätten, bestanden nicht. T hat vielmehr ihren ersten berufsqualifizierenden Abschluss genutzt, um mit diesem im Rahmen einer regulären Erwerbstätigkeit ohne Ausbildungscharakter Einkünfte zu erzielen. Diese Erwerbstätigkeit bildete eine zeitliche Zäsur zwischen 2 hierdurch verselbstständigten Ausbildungen.

13. Wann ein Sondereigentümer die Sanierung der Dachterrasse zahlen muss

Muss aufgrund der Teilungserklärung jeder Eigentümer für die Instandhaltung und -setzung der zu seinem ausschließlichen Gebrauch bestimmten Gebäudeteile aufkommen, werden damit auch Dachterrassen umfasst.

Hintergrund

Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft haben in der Teilungserklärung insbesondere festgelegt, dass jeder Wohnungseigentümer sein Sondereigentum auf seine Kosten instand zu halten und instand zu setzen hat.

An einer Dachterrasse einer Wohnung im Dachgeschoss traten Schäden an Bauteilen auf, die im Gemeinschaftseigentum standen. In einer Eigentümerversammlung beschlossen die Wohnungseigentümer die Sanierung der Terrasse gemäß dem Angebot einer Fachfirma. Ferner beschlossen sie, dass die Kosten der Terrassensanierung zulasten des Sondereigentümers der Dachgeschosswohnung gehen.

Der Sondereigentümer hat den Beschluss über die Kostentragung angefochten, da die Dachterrasse gleichzeitig das Dach der darunterliegenden Wohnung war.

Entscheidung

Die Klage des Sondereigentümers hatte keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass der angefochtene Beschluss, der die Sanierungskosten dem Sondereigentümer auferlegte, rechtmäßig war.

Nach der gesetzlichen Regelung der Kostenverteilung müsste sich der Sondereigentümer an den Kosten der Sanierung der im Gemeinschaftseigentum stehenden konstruktiven Teile seiner Dachterrasse eigentlich nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil beteiligen. Die konstruktiven Teile bleiben ungeachtet der Zuweisung der Dachterrasse zum Sondereigentum gemeinschaftliches Eigentum, sodass die Sanierung an sich Aufgabe der Wohnungseigentümer wäre, die sich entsprechend ihren Miteigentumsanteilen an den Kosten zu beteiligen hätten.

Die Teilungserklärung enthielt jedoch bezüglich der Kostenverteilung eine abweichende Bestimmung, die wirksam war.

Die Verpflichtung, die Kosten der Instandsetzung einzelner Einrichtungen, Anlagen oder Teile des Gebäudes alleine zu tragen, trifft den Wohnungseigentümer bei allen Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteilen, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß der Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch den Wohnungseigentümer bestimmt sind. Der Sinn einer solchen Regelung liegt bei den hier ausdrücklich genannten Balkonen darin, dass die übrigen, von der Nutzung der Balkone ausgeschlossenen Wohnungseigentümer von der Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung aller Balkonteile befreit sein sollen. Für die Dachterrassen gilt nichts anderes.

Die Teilungserklärung war so zu verstehen, dass Eigentümer von Wohnungen, die mit einer Dachterrasse ausgestattet sind, nicht nur für die Kosten der Sanierung der in ihrem Sondereigentum stehenden Teile der Terrassen aufkommen müssen, sondern auch für die Kosten der Sanierung der in Gemeinschaftseigentum stehenden Teile. Eine Beschränkung auf den nichtkonstruktiven Teil der Terrasse, vor allem den Terrassenbelag, ließ sich dem klaren Wortlaut der Klausel nicht entnehmen.

14. Betriebskostenabrechnung: Es zählt die tatsächliche Wohnfläche

Werden die Betriebskosten nach Wohnfläche abgerechnet, kommt es dafür auf die tatsächliche Wohnungsgröße an. Die vereinbarte Wohnfläche ist nicht mehr maßgeblich.

Hintergrund

Im Mietvertrag war eine Wohnfläche von 74,59 qm vereinbart. Die tatsächliche Wohnfläche betrug 78,22 qm. Für die Betriebskosten zahlten die Mieter eine Pauschale, für die Heizkosten leisteten sie Vorauszahlungen, über die die Vermieterin jährlich abrechnete.

In den Heizkostenabrechnungen für die Jahre 2013 und 2014 legte die Vermieterin für die Wohnung die tatsächliche Wohnfläche zugrunde. Dagegen waren die Mieter der Ansicht, dass bei der Verteilung der Heizkosten nur die geringere vereinbarte Wohnfläche anzusetzen war. Das dadurch entstandene Guthaben von 42,46 EUR behielten sie von laufenden Mietzahlungen ein. Die Vermieterin verlangte die Zahlung des einbehaltenen Betrags.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof gab der Vermieterin recht und entschied, dass die Mieter den einbehaltenen Betrag zahlen müssen. Bei der Abrechnung der Heizkosten hatte die Vermieterin zu Recht die tatsächliche Wohnfläche angesetzt und der vertraglich vereinbarten Wohnfläche keine Bedeutung beigemessen.

Die Betriebskosten waren nach den tatsächlichen Gegebenheiten und nicht nach den von subjektiven Vorstellungen geprägten Parteivereinbarungen zur Wohnfläche abzurechnen. Seine frühere Rechtsprechung, wonach im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung die vereinbarte Wohnfläche maßgeblich war, wenn diese nicht mehr als 10 % von der tatsächlichen Wohnfläche abweicht, gab der Bundesgerichtshof damit ausdrücklich auf.

15. Dienstkleidung vorgeschrieben? Dann muss Umkleidezeit bezahlt werden

Ist das Personal verpflichtet, auffällige Dienstkleidung zu tragen, gehört die Umkleidezeit zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit.

Hintergrund

Der Kläger ist bei der Beklagten als Krankenpfleger beschäftigt. Die Beklagte stellte den Beschäftigten für die Zeit der dienstlichen Verpflichtung Dienstkleidung zur Verfügung, die jeder Beschäftigte während des Dienstes tragen musste. Dafür wurden Umkleideräume und abschließbare Schränke für jeden Beschäftigten zur Verfügung gestellt. Die Dienstkleidung wies keine Beschriftung oder ähnliche Kennzeichnung auf.

Der Kläger machte Überstundenvergütung wegen Umkleidezeit und dadurch veranlasster innerbetrieblicher Wegezeiten geltend. An 100 Arbeitstagen hatte er durchschnittlich 12 Minuten für das An- und Ablegen der Dienstkleidung und für die Wegezeiten vom Umkleideraum zur Arbeitsstelle und zurück benötigt.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass es sich bei den Umkleide- und Wegezeiten um vergütungspflichtige Arbeitszeit handelte, und gab damit dem Kläger recht.

Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft an die Leistung der versprochenen Dienste an. Zu den "versprochenen Diensten" zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt.

So handelt es sich bei dem An- und Ablegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung um vergütungspflichtige Arbeit, weil ein Arbeitnehmer an der Offenlegung der von ihm ausgeübten beruflichen Tätigkeit gegenüber Dritten außerhalb seiner Arbeitszeit kein objektiv feststellbares eigenes Interesse hat. Eine solche auffällige Dienstkleidung lag auch hier durch das Tragen weißer Kleidung ohne Beschriftung vor, da die Farbe Weiß in der Öffentlichkeit den Heilberufen zugeordnet und in Verbindung gebracht wird.

Da das An- und Ablegen der Dienstkleidung und der damit verbundene Zeitaufwand des Arbeitnehmers, wie auch das Aufsuchen der Umkleideräume, auf der Anweisung des Arbeitgebers zum Tragen der Dienstkleidung während der Arbeitszeit beruhte, schuldete der Arbeitgeber die Vergütung für die durch den Arbeitnehmer aufgewendete Zeit.

16. Verzögerte Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums: Wohnungseigentümer kann Schadensersatz verlangen

Wohnungseigentümer haften gegenüber Miteigentümern, wenn eine gebotene Sanierung des Gemeinschaftseigentums pflichtwidrig verhindert wird und es dadurch zu Schäden kommt.

Hintergrund

Die Eigentümerin einer Wohnung im Souterrain stellte im Jahr 2009 Feuchtigkeitsschäden in ihrer Wohnung fest. Für diese machte sie auch Mängel am Gemeinschaftseigentum verantwortlich. In einer außerordentlichen Eigentümerversammlung am 25.11.2010 lehnten die Eigentümer den Antrag ab, einen Sachverständigen mit der Feststellung der Ursachen zu beauftragen. Gegen den ablehnenden Beschluss erhob die Eigentümerin Anfechtungsklage und beantragte Beschlussersetzung.

Nachdem die Eigentümerin im Dezember 2010 ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung der Mangelursachen eingeleitet hatte, legte der gerichtlich bestellte Sachverständige am 7.12.2011 sein Gutachten vor, in dem er feststellte, dass das Gebäude nicht hinreichend gegen Feuchtigkeit aus dem Baugrund abgedichtet war, was die Feuchtigkeit in der Wohnung mit verursacht habe.

In einer Eigentümerversammlung am 9.5.2012 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, den Antrag der Eigentümerin auf Mängelbeseitigung bis zur nächsten ordentlichen Eigentümerversammlung zu vertagen. Dieser Beschluss wurde nicht angefochten.

Am 10.8.2012 wies das Amtsgericht die Anfechtungsklage und die Beschlussersetzungsklage ab. Der dagegen eingelegten Berufung gab das Landgericht am 19.9.2013 statt. Am 12.12.2013 beschlossen die Eigentümer, die Sanierung zu beauftragen.

Die Eigentümerin der betroffenen Wohnung verlangte daraufhin von den übrigen Wohnungseigentümern Schadensersatz wegen verzögerter Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums. Insbesondere machte sie einen Mietausfallschaden für den Zeitraum Dezember 2010 bis Februar 2014 geltend, weil sie die Wohnung wegen der Feuchtigkeit nicht vermieten konnte.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Wohnungseigentümer, die am 25.11.2010 nicht für die Beauftragung eines Sachverständigen gestimmt hatten, wegen pflichtwidrigen Abstimmungsverhaltens auf Schadensersatz haften.

Dass die Eigentümerin einen Anspruch auf Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums und in diesem Rahmen auch auf Einholung eines Gutachtens hat, ergab sich aus dem Berufungsurteil vom 19.9.2013, mit dem der Negativbeschluss vom 25.11.2010 für ungültig erklärt wurde und die übrigen Eigentümer zur Schadensbeseitigung verpflichtet wurden. Die Wohnungseigentümer, die pflichtwidrig die Einholung eines Gutachtens abgelehnt haben, müssen der Eigentümerin den Mietausfall ersetzen, der durch die verspätete Klärung der Ursachen für die Feuchtigkeit entstanden ist. Um diesen Zeitraum ist die Sanierung hinausgeschoben worden. Bei einer pflichtgemäßen Beschlussfassung am 25.11.2010 hätte das Gutachten bis Ende März 2011 vorgelegen, sodass die übrigen Eigentümer ab diesem Zeitpunkt für den Mietausfall haften.

Es kommt auch nach Vorliegen des Gutachtens eine weitergehende Haftung in Betracht, weil die Eigentümer am 9.5.2012 beschlossen haben, die Entscheidung über Sanierungsmaßnahmen zu vertagen. Zwar scheidet ein Anspruch auf Schadensersatz wegen verzögerter Beschlussfassung über notwendige Instandsetzungsmaßnahmen aus, wenn der betroffene Wohnungseigentümer vorher gefasste Beschlüsse über die Zurückstellung der Instandsetzung nicht angefochten hat. Das gilt aber nicht, wenn der geschädigte Eigentümer zuvor bereits einen Beschluss über die Ablehnung von Sanierungsmaßnahmen angefochten und Beschlussersetzung verlangt hat.


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Stephan Gißewski
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